Rückblick

 70 Jahre Blasorchester Ruhla

1949 – 2019

Angestellte Hobbymusiker der Uhren- und Maschinenfabrik hatten die Idee eine Tanzkapelle zu gründen. Es fanden sich 9 Werktätige zusammen. Die damalige Werkleitung von UMF unterstützte dieses Vorhaben mit der Beschaffung von fehlenden Instrumenten. So fand im Mai 1949 die erste Probe im Sportheim des Betriebes statt. Schon nach kurzer Zeit spielte die kleine Formation im Speisesaal des Betriebes und veranstaltete Tanzabende. Die Werkleitung unterstützte die Tanzkapelle und fand weitere Musiker für die Bildung einer Blaskapelle, die nun zwölf Musiker übten sich mit Blas- und Tanzmusik. Die Blasmusik hatte ihre ersten Aufführungen in der Mittagspause vor den Uhrmachern.

Die Musiker die 1949 unter dem Namen „Werkkapelle der Uhren- und Maschinenfabrik“ musizierten waren die Gründungsmitglieder Walter Wagner, Willi Liebig, Alfred Liebetrau, Heini Weyh, Hartwig Beese, Karl Avemann, Fritz Rottstedt, Lothar Anton, Herbert Ortmann, Harry Liebetrau, Walter Ortmann und Franz Dörfler. Franz Dörfler war mit 90 Jahren noch ein aktiv musizierendes Mitglied.

In den folgenden Jahren wuchs die Kapelle auf 20 Mann. Es schlossen sich die Musikanten aus der Ruhla Stadtkapelle, die sich auflöste, dem Werkorchester an. Von der Stadtkapelle wurde auch das Notenmaterial übernommen.

Gemeinsam mit dem Ruhlaer Männerchor wurden viele Konzerte veranstaltet und Konzertfahrten unternommen, wie zum Deutschlandtreffen der FDJ 1950 in Berlin und die Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1951.

In den 1960er entstanden freundschaftliche Bindungen zu Berufsmusikern von verschiedenen Theatern in der Umgebung. So spielte z.B. am Silvesterabend 1963 zum ersten Mal der Solotrompeter Siegfried Umbreit in Ruhla, seitdem ist er für das Blasorchester eine prägende Persönlichkeit. Siggi ist heute mit 83 Jahren Ehrenvorsitzender und ein sehr aktiver Musiker.

Die Berufsmusiker bildeten nun den Nachwuchs für das Werksorchester aus. In Zusammenarbeit mit den Schulen wurden musikalisch begabte Kinder im Alter von ca. 10 Jahren ausgewählt.

Mit Beginn der musikalischen Ausbildung von Kindern 1969 wurde auch das Jugendblasorchester gegründet der Name „Werkkapelle UMF“ wurde in „Blasorchester des VEB Uhren & Maschinen Kombinat“ (UMK) umgewandelt.  Die Mitgliederzahl wuchs auf 60 Personen. Für die Orchesterarbeit wurden Dirigenten engagiert, das waren die Musikdirektoren MD Willi Spillner, Major der Volkspolizei und Leiter des Orchesters des MdL Standort Erfurt und später MD Kurt Kuhn vom „Staatlichen Sinfonieorchester Gotha“. Unter ihrer Leitung trug die Werkkapelle das Prädikat Oberstufe „Sehr gut“. Bei der ersten Teilnahme an Arbeiterfestspielen und dem nationalen Bläserwettstreit im Bezirk Schwerin zeichnet es sich im Jahr 1972 schon ab, dass das „Blasorchester des VEB UMK“ zu den besten Amateurorchestern der damaligen DDR zählte. Die erste Goldmedaille wurde dort erzielt und weitere sechs Goldmedaillen folgten, sowie viele Auszeichnungen unter anderem als „Hervorragendes Volkskunstkollektiv“. Komponisten wie Siegmund Goldhammer, Klaus Peter Bruchmann oder MD Wolfgang Hocke schrieben speziell für dieses Orchester anspruchsvolle Konzertstücke. Diese kamen bei zahlreichen Konzerten zur Aufführung, so auch bei Konzertreisen in das sozialistische Ausland wie UdSSR, Polen, Ungarn, Bulgarien und die CSSR. Der Höhepunkt der damaligen Vereinsgeschichte war im August 1981 der 3.Platz bei der Teilnahme am „Internationalen Leistungsvergleich großer Blasorchester“ im tschechischen Ostrava. 

Die Ruhlaer Musikanten hörte man auch im Radio. Es wurden 1982 und 1987 zwei Langspielplatten produziert. Hierfür arrangierte MD Kurt Kuhn extra eine „Volksliederfolge“. Des Weiteren ist der „Rühler Springer“ noch zu erwähnen, es ist ein Tanz, der in Ruhla von der Folklore Vereinigung „Alt-Ruhla“ sehr oft dargeboten wird.

Es formierte sich mit der Zeit eine kleine Blasmusikbesetzung heraus, daraus entstanden die „Erbstromtal Musikanten“. Die kleine Besetzung entlastete das große Orchester bei Auftritten wie Schlachtfeste, Karneval oder Kirmes. Durch die politische Wende 1990 wurde die Bindung zwischen Betrieb und Orchester gelöst, viele Orchestermitglieder suchten neue berufliche Herausforderungen, so dass das Orchester schrumpfte. Bis auf ein paar Einzelfälle brach auch die Jugendausbildung ab. Die Existenz dieses hervorragenden Orchesters war bedroht.

Die Berufsmusiker und auch der künstlerische Leiter MD Kurt Kuhn unterstützten weiterhin das Orchester. Gemeinsam mit anderen Vereinen wurde der „Kultur- und Freizeitverein e.V.“ gegründet. Das Orchester nannte sich nun „Blasorchester Ruhla“. In dem Verein waren auch die „Seebacher Krebsbachspatzen“ vertreten.

Erste Erfolge für die Ruhla Musikanten stellten sich ein.  Die traditionellen Muttertags- und Weihnachtskonzerte wurden ins Leben gerufen. Bei vielen Festen in den alten Bundesländern waren die „Erbstromtal Musikanten“ vertreten, oft zusammen mit der Ruhla Trachtengruppe. Mehr als zehn Jahre wurde beim „Gothaer Gothardus-Fest“ der originale Zapfenstreich musikalisch zelebriert. Schöne Höhepunkte waren das Stadtfest 1996, die MDR Rucksackwanderung 1997 sowie das 4.Thüringer Landestrachtenfest 1999.

Ende der 1990er Jahre verließen immer mehr Untergruppen den „Kultur- und Freizeitverein“, so dass sich dieser auflöste. Das Blasorchester Ruhla und die Seebacher Krebsbachspatzen gründeten 1999 den „Musikverein Erbstromtal e.V.“. Die Vereinsarbeit konnte weitergehen.

Zum Weihnachtskonzert 2002 wurde MD Kurt Kuhn ehrenvoll in den Ruhestand verabschiedet. Die künstlerische Leitung übernahmen nun Siegfried Umbreit und Holger Bärenklau. 2003 zogen die Erbstromtal Musikanten Uniformen an und spielten als Feuerwehrkapelle in der ARD-Serie „Familie Dr. Kleist“. 2015 verließen die „Krebsbachspatzen“ den „Musikverein Erbstromtal e.V.“, der ab diesem Zeitpunkt nur noch das Blasorchester beinhaltet. Die Zeit bis heute ist für den Verein keineswegs ereignislos geblieben, traditionell spielen die Erbstromtal Musikanten zur Rühler Kirmes, Ruhlaer Schützenfest, zur Kirmes in Etterwinden und seit einigen Jahren im Bad Salzunger Gradierwerk. Gestaltet werden auch festliche Anlässe in Quartett- oder Quintett Besetzung. Eine schöne Tradition ist auch das jährliche Turmblasen zur Adventszeit.